NOL – Fokus: Haltung zeigen
Bildungsgerechtigkeit ist an der NOL ganz wesentlich eine Frage der Haltung: „Lehrkräfte, die nicht an die eigenen Schülerinnen und Schüler glauben, haben ihren Beruf verfehlt“. Bildungsgerechtigkeit erhöhen setzt voraus, an diese Kinder und ihre kognitiven Fähigkeiten zu glauben, die denen von Schülerinnen und Schülern am Gymnasium entsprechen – eine These, die u.a. durch regelmäßige Lernstandserhebungen (u.a. KESS, vgl. IQB 2024, Magistrat Bremerhaven 2024) gestützt wird. An sie zu glauben, bedeutet auch, die Kinder und Jugendlichen an der NOL an der Beantwortung zu Fragen der Zukunft zu beteiligen.[1] Es darf nicht passieren, dass die Verantwortlichen eine Schülerschaft wie an der NOL, die oftmals einen kritischen sozio-ökonomischen Hintergrund hat, nicht in die wichtigsten Fragen der Zukunft einbezieht, denn diese Schülerinnen und Schüler sind ein signifikanter Teil der Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass an diesen Fragen ausschließlich Gymnasiastinnen bzw. Gymnasiasten oder Studierende arbeiten, „das wäre ein Riesenfehler“ und zudem eine weitere Form von Ungerechtigkeit.
Die Schulleiterin an der NOL berichtet von den Jahren ihrer eigenen Lehrtätigkeit am Gymnasium, in denen sie die Erfahrung gemacht hat, „dass Kinder mit schwierigem sozio-ökonomischen Hintergrund, aber gleich guten kognitiven Fähigkeiten, an Regelschulen wie dem Gymnasium scheitern und das für ihre Schuld halten“. Da im herkömmlichen Schulsystem alle Schülerinnen und Schüler in genau der gleichen Geschwindigkeit genau das gleiche lernen, haben diejenigen mit schlechteren Voraussetzungen (z.B. Ruhe und/oder Unterstützung zuhause) eine schlechtere Basis: „Das ist ungerecht“. Eine Haltung, die diesen Kindern ein individuelles Lerntempo zugesteht, ist Voraussetzung für die Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit.
Die Frage, wer mit welcher Haltung an der NOL Verantwortung übernimmt, ist der entscheidende Faktor dafür, ob die Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit gelingen kann. In der Politik ist man sich dessen bewusst, dass Schulen in herausfordernder Lage überdurchschnittlich viele Lehrer- und zusätzliche Assistenzstunden bekommen müssen. Für die NOL ist nicht nur diese Quantität wichtig, ausschlaggebend ist, dass das Personal breit aufgestellt ist und aus Pädagogen, Nicht-Pädagogen sowie Quereinsteigerinnen mit einer passenden Haltung besteht. Schülerinnen und Schüler an Schulen in herausfordernder Lage müssen einen guten Kontakt zu Lehrkräften und zum Unterstützungspersonal aufbauen können. Die Schülerinnen und Schüler an der NOL sind teilweise auf sehr enge Bindungen zu Personen angewiesen, die an sie glauben.[2] Bei der Einstellung neuen Personals muss daher darauf geachtet werden, dass die in Frage kommenden Personen eine klare Haltung im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit m oben erläuterten Sinn haben und sich auf die Kinder und Jugendlichen an der NOL entsprechend einlassen können bzw. dazu bereit sind.
Denn bei Schülerinnen und Schülern mit einem kritischen sozio-ökonomischen Hintergrund, wie sie an der NOL regelmäßig anzutreffen sind, bedeutet es zunächst einmal viel Arbeit, eine gewisse Persönlichkeitsstärkung, Selbstbewusstsein, Resilienz und Selbstwirksamkeit zu erreichen. Diejenigen, die hier Verantwortung übernehmen, benötigen die entsprechende Haltung, um „dranzubleiben“, denn eine solche Basis muss geschaffen werden, um mit allen weiteren Schritten der schulischen Entwicklung darauf aufzubauen. Wenn dieses Fundament auf wackeligen Füßen steht, gehen zu viele Schülerinnen bzw. Schüler verloren. Der Großteil der Mitarbeitenden an der Schule weiß, dass Beziehungsarbeit in diesem Sinne Vorrang hat – Kolleginnen und Kollegen, die das nicht können oder wollen, arbeiten an der NOL nicht erfolgreich. Grundkompetenzen wie lesen, schreiben, rechnen sind wichtig für Bildungsgerechtigkeit, gestärkt werden müssen auch die Leidenschaften und Potentiale. Das kann gelingen, wenn Lehrkräfte eine Haltung mitbringen, die es ihnen ermöglicht an einer Stadtteilschule wie der NOL als Mentoren zu agieren und die Kinder so in positive Richtungen zu lenken. Und dafür wird neben den Lehrkräften auch nichtunterrichtendes pädagogisches Personal benötigt, „gute Leute mit guter Haltung – und zwar von der Lehrerschaft bis zum Hausmeister“! jeder und jede in Verantwortung kann eine solche Haltung entwickeln und wird dabei an der NOL nach Kräften unterstützt; niemand will Personal verlieren und Kinder werden letztendlich immer die Leidtragenden sein, wenn Konzepte personell nicht aufrecht erhalten werden können. Aus diesem Grund ist die Auswahl neuen Personals eine der wichtigsten Aufgaben von Schulleitungen, denen dabei freie Hand gelassen werden sollte, da sie die Bedarfe an ihrer Schule selbst am besten kennen.