Der Mensa-Chip an der NOL ist ein Beispiel dafür, wie die Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit durch bürokratische Hürden erschwert wird. Er steht damit sinnbildlich für die vielen, teils unnötigen Hindernisse, die es auf diesem Weg zu beseitigen gilt. An der NOL wird den Schülerinnen und Schülern Essen in Form eines täglichen kostenlosen Frühstücks angeboten. Die Schulleitung hat – außerhalb der regulären Arbeitszeit – für dieses rein spendenfinanzierte Angebot gesorgt, ohne das es keine Morgenmahlzeit in der Schule geben würde. Mittagessen wird ebenfalls angeboten; diese Mahlzeit wird aus öffentlichen Mitteln (teil-)finanziert; hierfür müssen sich die Kinder mittlerweile über einen Chip anmelden, für den die Eltern eine Mietgebühr in Höhe von fünf Euro im Vorwege überweisen müssen. Das funktioniert nicht: Die Zahlen beim Mittagessen sind rückläufig, seit der Chip eingeführt wurde im Vergleich zu Zeiten, als in bar für das Essen bezahlt wurde. Viele Eltern verstehen trotz Übersetzung in ihre Muttersprache das Chipsystem nicht. Hier wurde eine bürokratische Hürde eingezogen, die letztlich dazu führt, dass mehr Kinder und Jugendliche als zuvor kein warmes Mittagessen bekommen – ein Rückschritt auf dem Weg zur Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit, der trotz besseren Wissens bisher nicht revidiert werden konnte.
Der Mensa-Chip ist ein Beispiel für überflüssige Bürokratie. Solche Entscheidungen werden häufig von Menschen getroffen, die sich selbst an bestehende Strukturen gebunden sehen und vor diesem Hintergrund keine nachhaltigen Veränderungen herbeiführen können bzw. wollen. In der Politik schaut man an den entscheidenden Stellen nicht darauf, was konsequent bis zum Schluss umgesetzt werden müsste und wie das möglichst adressatenorientiert geschehen könnte. Die Realität der Kinder, um die es geht, muss umfänglich von Politikern und denjenigen, die Entscheidungen treffen, im Vorwege erfasst werden, bevor schulpolitische und bürokratische Schritte in die Wege geleitet werden. Für die Essensversorgung an der NOL und an vergleichbaren Schulen würde das bedeuten: Es muss Geld für kostenloses Frühstück und Mittagessen zur Verfügung gestellt werden, und zwar auf unbürokratischem Weg. Der umfängliche bürokratische Aufwand, der dabei wegfällt, würde auf das Ganze gesehen Kosten einsparen.
Das Beispiel zeigt, dass und warum Schulstrukturen entbürokratisiert werden müssen: Menschen, die an Schule Verantwortung übernehmen, sind im Alltagsgeschäft enorm mit Bürokratie ausgelastet. Auf diese Weise bleibt zu wenig Zeit für ihre Hauptaufgaben, nämlich Unterricht sowie Arbeit an neuen pädagogischen Konzepten gestalten, beispielsweise zur Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit. Diese Kernaufgaben können häufig in der regulären Arbeitszeit unter den derzeitigen Bedingungen kaum bzw. nicht adäquat bewältigt werden.