Logbuch Fotoshooting – Pestalozzischule (GSP)
26.04.2024, 8.30-12.00h
Seinen Platz findet man hier schnell und ist sofort mittendrin: Parken im Zentrum des Schulhofs ist an der GSP kein Problem: Der Weg mit der schweren Kameraausrüstung bleibt kurz – diese Schule macht einem den Anfang leicht. Bei ihrem Empfang betont die Schulleiterin, Karina Becker, dass es für alle Verantwortlichen übergeordnete Bedeutung hat, den Schülerinnen und Schülern hier einen festen Lebensraum und einen sicheren Ort zu bieten. Beziehung geht dabei vor Erziehung: „Jeder lächelt in der gleichen Sprache“, sagt sie und macht das gleich mal ziemlich überzeugend vor. Wichtiger Bestandteil dieses schulischen Lebensraumes ist die erste Mahlzeit des Tages: Ein Frühstück nehmen alle Schülerinnen und Schüler hier gemeinsam ein. Bemerkenswert dabei ist: Auch die Kinder, die zu Hause bereits gefrühstückt haben, setzen sich dazu, trinken Apfelsaft und sind auf diese Weise Teil der Gemeinschaft. Das Frühstück wird von engagierten Freiwilligen jeden Morgen liebevoll zubereitet; aufgebaut wird das Buffet unter einem von einem Lehrer gestalteten Graffiti.
Basis für die Gestaltung des schulischen Lebensraumes ist ein ganzheitlicher pädagogischer Ansatz (s.o.), der beispielsweise im Schulgarten zum Ausdruck kommt oder in der musikalischen Förderung der Kinder, für die die GSP mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden ist. Jedes Kind soll möglichst individuell gefördert werden und Angebote erhalten, die es anderswo gegebenenfalls nicht bekommt, betont Karina Becker. Später beim Fotoshooting erzählt sie begeistert weiter über die Schule, die sie leitet: Besonders wichtig sei hier der Zusammenhalt zwischen all denen, die Verantwortung übernehmen. Das Kollegium aus Lehrkräften bilde das Herz der Schule, der starke Zusammenhalt erstrecke sich darüber hinaus auf die vielen ehrenamtlichen Helfer, die als fester Bestandteil zur Schulgemeinschaft gehören. Dieser Zusammenhalt sei v.a. in der momentanen Zeit wichtig, die geprägt ist von Krisen wie Corona und Krieg.
Marie Kern ist eine von denen, die gemeinsam mit Karina Becker hier Verantwortung übernimmt; sie arbeitet als Sonderpädagogin seit drei Jahren an der GSP. Sie ist in Bremerhaven aufgewachsen und wohnt jetzt in Bremen. Anfangs war sie skeptisch, auch aufgrund des langen Schulweges. Nun ist sie glücklich an der Schule zu sein, „weil es im Kollegium eine tolle Zusammenarbeit gibt“. Auch an dieser Schule würden viel mehr Sonderpädagogen gebraucht; nur eine von ihnen kann in ihrer ursprünglichen Funktion als Sonderpädagogin arbeiten; drei weitere haben – wie sie selbst – eine eigene Klasse. Unglücklich wirkt sie damit nicht, im Gegenteil. Marie benennt Desiderate wie z.B. fehlende Fachkräfte im Bereich Sonderpädagogik zwar klar, strahlt aber dabei (wie unten im Bild), wenn sie über die Gemeinschaft im Kollegium und unter den Schülerinnen und Schülern spricht; sie begleitet den Fototermin fast über die gesamte Zeit. Für Marie bedeutet Bildungsgerechtigkeit, jedes Kind erstmal so anzunehmen, wie es ist, und es dann so zu fördern und in die Lage versetzen zu lernen, dass individuelle Lernfortschritte möglichst gut gelingen. Marie betont, dass für diesen Fortschritt auch Erkundungen der Stadt, in der die Kinder leben und die sie kennen lernen sollen oder Erfahrungen wie das einwöchige Zirkusprojekt wichtige Bestandteile bilden. Sie wünscht sich, dass die Vielfalt ihres Berufes in der Gesellschaft mehr gesehen wird. Die Zusammenarbeit von Schule, Lehrkräften und Eltern hat ihrer Meinung nach eine herausgehobene Bedeutung für eine gelingende Bildungsbiographie der Kinder an ihrer Schule. Allein als Sonderpädagogin könne sie nicht viel ausrichten – bei ihrer Arbeit muss das Miteinander stimmen.
Das Fotoshooting findet mit vier Kindern in der Schulbibliothek statt; dort gibt es eine kleine Kuschelecke in einem Zelt. Die Kinder, die gerade nicht fotografieren, können sich an diesem Ort zurückziehen. Das erweist sich insbesondere für die jüngeren Kinder Bennett und Maria als sehr hilfreich. Jill und Nieke sind zehn Jahre alt und gehen in die vierte Klasse. Die großen beiden Mädchen trauen sich vor. Jill hat ein rosa Shirt an, Nieke trägt eine große Brille. Sie ist sie aktivste von allen und kein bisschen schüchtern. Beide Mädchen finden es toll, sich selbst zu fotografieren und in Pose zu werfen. Ihre langen Haare sollen auf einigen Fotos im Wind wehen, dafür wird mit einem großen Buch Wind zugefächert. Bennett möchte unbedingt mitmachen und kommt dabei ganz aus der Puste.
Bennett und Maria sind acht Jahre alt. Während Maria konzentriert und ruhig wirkt, ist Bennett sehr aufgeregt; sein Verhalten erinnert an einen Hüpfball. Er freut sich ungemein, dass er selbst fotografieren darf und ist von den Aufnahmen, die er selber gemacht hat, im Anschluss positiv überrascht; er ist stolz darauf, dass er das so gut hingekriegt hat, verrät er anschließend. Bennett und Maria sind befreundet. Auf Gesines Frage „Warum seid ihr befreundet?“ weiß er zunächst keine Antwort. Nieke fragt nach: „Wie ist es denn passiert, dass ihr euch kennen gelernt habt. Habt ihr euch gefragt, ob ihr Freunde sein wollt?“. Daraufhin erklärt Maria, sie habe in einer bestimmten Situation Hilfe gebraucht und Bennett habe ihr geholfen; seitdem sind sie befreundet. Auf die Frage an Maria, was sie später einmal werden möchte, antwortet sie wie aus der Pistole geschossen: Mathelehrerin. Ihre Mathelehrerin macht sie nämlich sehr stark, erklärt sie: „Wenn man sagt, das schaffe ich nicht dann sagt sie doch das schaffst du, ich helfe dir“. Man kann sich gut vorstellen in diesem Moment, dass Maria auch mal eine Mathelehrerin wird, die genau das zu ihren Schülerinnen und Schülern sagt.Anschließend folgt ein durch die Kinder geführter Rundgang durch die Schule. Eine Station, die sie auf jeden Fall zeigen möchten, ist der Erste-Hilfe Raum. Dort angekommen, erzählen sie, dass einige Kinder selbst als Erste-Hilfe-Helfer agieren: Bei kleineren Verletzungen wissen sie, was zu tun ist, sie kleben Pflaster oder halten ein Kühlpack. Jill ist eine dieser ausgebildeten Helferinnen. Sie erzählt das fast beiläufig; es scheint eine Selbstverständlichkeit für sie zu sein, anderen zu helfen – sie hängt das nicht an die große Glocke. Die nächste Station ist der Schulgarten, wo die Kinder Blumen, das Insektenhotel und die liebevoll gestalteten Tafeln mit Erklärungen zeigen. Letzte Station ist der mit der weiterführenden Schule nebenan geteilte Schulhof. Eine Gruppe größerer Kinder schaut zu, wie sich die Jüngeren an die Turnstangen hängen und für die Fotos posieren. Deutlich spürbar wird in dieser Situation: Die älteren gehen mit den jüngeren Schülerinnen und Schülern respektvoll um; sie freuen sich, dass die anderen in diesem Moment im Mittelpunkt stehen. Den Abschluss bildet ein Gruppenbild mit allen Kindern zusammen vor dem Logo der Schule: einem Leuchtturm (s.o.). Alle Kinder umarmen sich, die älteren beiden drücken die Kleinen an sich – dann ist der Fototermin beendet.
An Wegkommen ist dennoch erstmal nicht zu denken: Der Schulhof ist voll von Eltern, die ihre Kinder abholen. Da das Auto mitten auf dem Schulhof steht parkt, rennen viele Kinder um das Auto herum und in die Arme der Eltern. Nach circa 15 Minuten ist die Fahrt frei. Auf dem Rückweg von dieser Schule im Gepäck bleibt der Eindruck, dass die Gemeinschaft aller eine Quelle der Stärke und Inspiration für die Erfüllung des nicht einfachen und derzeit durch Krisen behafteten pädagogischen Auftrags darstellt, der darin besteht, jedes Kind bestmöglich zu fördern. Das steht hier jedem Kind selbstverständlich zu und das wissen alle, die hierher kommen – das ist Bildungsgerechtigkeit. Mit dieser Grundlage werden die Schülerinnen und Schüler ohne großen Aufhebens darin unterstützt, das Miteinander einzuüben, Schule als soziales Gefüge mit zu gestalten und dadurch den Zusammenhalt der (Schul‑)Gemeinschaft zu stärken. Das Zusammenwachsen ist an der Pestalozzischule eine Voraussetzung dafür, zusammen zu wachsen.

