Bildungsgerechtigkeit in der Schule an der Humannstraße (GSH)
Bildungsgerechtigkeit bedeutet eine jedem und jeder einzelnen möglichst gut entsprechende Form der inklusiven Beschulung (gemeinsam mit Kindern mit Förderbedarfen, das bedeutet an der GSH häufig Kinder mit dem Förderschwerpunkt Wahrnehmung und Entwicklung), sowie Angebote für alle Kinder in den Bereichen Ganztag (das bedeutet: verlässliche Angebote für das Mittagessen, Nachmittagsbetreuung, keine Hausaufgaben) und Kultur (z.B. Ausflüge, Klassenfahrten, Theaterbesuche, Bibliothekszugang). Die Schule versucht mit ihren Angeboten schulischer (Lese- und Schreibförderung, Matheförderung, Projekte) und nicht-schulischer Art (Mittagessen, längere Betreuungszeiten), Dinge auszugleichen, die im Elternhaus nicht stattfinden bzw. angeboten werden (können).
Die Schule GSH hält passende Angebote bereit, dazu gehört auch ein ansprechender Raum für alle (vgl. Fokus: Raum geben)– unabhängig von Herkunft, Sprache (zu den häufigsten Herkunftssprachen der Familien gehören türkisch, arabisch und bulgarisch), Hautfarbe, Geschlecht, Glaube, Hintergrund und Entwicklungsstand. Bildungsgerechtigkeit ist eines der Leitziele, das sich im Leitbild der Schule wiederfindet in den drei Säulen „Vielfalt als Chance“, „lernen von- und miteinander“ sowie „Gemeinsam sind wir stark.“ So wie der physische ist auch der digitale Raum für alle zugänglich: Ein wichtiges Signal für die Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit ist die Bereitstellung von iPads für alle Schülerinnen und Schüler durch das Land Bremen. Das gilt an der GSH in besonderer Weise, da „von den Eltern hier nicht erwartet werden kann, dass alle ihren Kindern ein solches Gerät kaufen“. Der Anreiz für viele Kinder ist bei der Arbeit mit dem iPad größer als mit einfachen Heften. Sie arbeiten gerne mit den Geräten in nahezu allen Unterrichtsfächern und bis einschließlich Klasse vier, vorausgesetzt, diese werden dosiert und bewusst eingesetzt. Als sehr nützlich hat sich z.B. im Unterricht die Vorlesefunktion erwiesen. Die iPads bleiben seit diesem Jahr in der Schule, weil die Erfahrung gemacht wurde, dass die Geräte zuhause vergessen wurden, nicht aufgeladen waren, keine Updates installiert und nicht erlaubte Apps heruntergeladen wurden. Inzwischen achten die Kinder auf die iPads besser als auf andere Unterrichtsutensilien.
Deutschunterricht hat einen hohen Stellenwert am Standort und wird mit einer überdurchschnittlichen Zahl an Wochenstunden veranschlagt. Zu den weiteren Maßnahmen zur Sprachförderung, die eine zentrale Voraussetzung für die Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit bildet, gehören darüber hinaus beispielsweise: das verpflichtende tägliche Leseband für alle (eine feste tägliche Zeit, die für alle Schülerinnen und Schüler mit Maßnahmen zur Leseförderung, u.a. Vorlesen, chorisches Lesen, Dialoglesen im Tandem oder gemeinsames Lesen einer Lektüre in Kleingruppen oder im Klassenverband reserviert ist); der Satz des Tages, der von einer Lehrkraft oder einem Kind täglich in jeder Klasse festgelegt wird und anhand dessen Grammatik sowie Rechtschreibung beispielhaft analysiert werden. Viele Kinder an der GSH können gut bis sehr gut lesen; allerdings fehlt ihnen oft das Leseverständnis, das jedoch für alle Schulfächer und damit Lernerfolge entscheidend ist. Hier erwarten die Verantwortlichen mit der mittlerweile zur Verfügung stehenden Diagnostik und der Einführung des Lesebandes in den nächsten Jahren deutlich bessere Ergebnisse. Es gibt zwei Vorkurse für Kinder, die vor Kurzem nach Deutschland gekommen sind. Die Kinder werden zwei Stunden am Tag in einem Extraraum unterrichtet und gehen danach wieder in ihren Klassenverband. Für die Diagnostik werden u.a. Verfahren des Münsteraner Lernservers im Bereich Rechtschreibdiagnostik und -förderung, der Lernfortschrittsdiagnostik Lesen (LDL),[1] der Sprachstandsüberprüfung und Förderdiagnostik (SFD)[2] sowie der Hamburger Schreib-Probe (HSP)[3] regelmäßig eingesetzt. In den Fach- und Jahrgangskonferenzen stimmt sich das Kollegium ausgehend von den Ergebnissen ab; so können besondere Bedarfe möglichst genau ermittelt und Förderung kann passgenau geplant werden.
Eine gute Elternarbeit ist ein weiterer wirksamer Hebel für die Erhöhung von Bildungsgerechtigkeit; in diesem Bereich besteht großen Handlungsbedarf. Auch die Kommunikation mit den Eltern ist wegen der Sprachbarrieren oft schwierig. Es gibt zwei Sozialarbeiterinnen an der Schule, von denen eine einmal im Monat ein Eltern-Café anbietet. Es werden verschiedene Themen angesprochen, z.B. Gesundheit, Medienkonsum und Freizeitaktivitäten. Der Zugang zu den Eltern soll die Zusammenarbeit und das wechselseitige Verständnis fördern. Oftmals ist Eltern nicht klar, welchen Stellenwert eine gute Schulbildung in Deutschland hat; Wertschätzung gegenüber Lehrkräften und pädagogischem Personal sowie Unterrichtsmaterialien „fehlt bei den Kindern von zuhause aus oft und muss ihnen in der Schule erst gezeigt werden“ (SD). Beispielsweise besitzen viele Kinder keine Stifte, leihen sich von anderen welche aus und gehen dann nicht verantwortungsvoll damit um. Es werden klassische Elternabende zweimal im Jahr angeboten. Um Sprachbarrieren zu überwinden, übersetzen die Eltern hier oftmals untereinander bzw. übernehmen das mehrsprachige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Schule bietet Eltern-Kind-Sprechtage an. An diesen Tagen haben die Lehrkräfte keinen Unterricht; die Kinder dürfen bei den Terminen dabei sein. Bei der Überwindung ggf. bestehender Sprachbarrieren helfen ggf. bei der Schulbehörde beantragte Dolmetscher, Kolleginnen mit einem passenden sprachlichen Hintergrund, ältere Geschwister oder Familienangehörige bzw. Bekannte aus den Familien bei den Sprechtagen mit. Die von den Klassenlehrkräften vergebenen Termine dauern in der Regel ca. 20 bis 30 Minuten und werden von den Eltern zu über 90% wahrgenommen; viele von ihnen sind interessiert und bemüht. In diesen Gesprächen wird über Unterrichtsinhalte und Kompetenzen der Kinder, aber auch über Themen wie Arbeits- und Sozialverhalten sowie gesundes Frühstück gesprochen.
Für Zusatzangebote steht vielen Familien die Beantragung des Bremen-Pass offen; ein Angebot, das in vielen Fällen wahrgenommen wird und dessen Beantragung für Kinder und ihre Familien an der GSH offensichtlich keine allzu großen Schwierigkeiten bereitet. Die Schule erinnert an die Beantragung bzw. Verlängerung falls erforderlich. Durch den Bremen-Pass bekommen die Kinder ein warmes Schulmittagessen, deren Eltern die Finanzierung nicht übernehmen können. Der Bedarf, an der Schule ein gemeinsames Frühstück anzubieten, besteht nicht. So gut wie alle Kinder bringen in die Schule ein Frühstück mit, „wenn auch nicht immer das, was unter ‚gesundem Frühstück‘ zu verstehen ist“. Auch dieser Thematik nimmt sich die Schule an, die eine Gesundheitsfachkraft beschäftigt, an die sich Kolleginnen und Eltern immer wenden können. Diese Fachkraft initiiert Projekte u.a. zum Thema Gesundheit, Sport/Bewegung und Ernährung. Ausflüge und weitere Zusatzaktivitäten werden in der Regel auch (anteilig) über den Bremen-Pass finanziert. Bei der Auswahl wird auf verschiedene kulturelle Angebote Wert gelegt; außerdem werden Ausflüge dazu genutzt, die nähere Umgebung der Schule, z.B. Spielplätze und andere Freizeitmöglichkeiten, zu erkunden.